Stellen Sie sich vor, eine weiche Hundenase stupst vorsichtig Ihre Hand an, gerade in dem Moment, in dem Sie sich ängstlich und allein fühlen. Oder Sie sitzen auf dem Rücken eines ruhigen Pferdes, spüren die Wärme des Tieres und wie sein gleichmäßiger Schritt Ihren Atem beruhigt. Tiergestützte Ergotherapie nutzt solche Momente – die besondere Verbindung zwischen Mensch und Tier – um Patienten neuen Mut zu schenken und ihre körperliche wie seelische Gesundheit zu stärken. In warmherziger Atmosphäre können Tiere als Co-Therapeuten wirken und dort Brücken bauen, wo Worte allein manchmal nicht ausreichen.
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Tiergestützte Ergotherapie: Mehr als nur Streicheln
Tiergestützte Ergotherapie bedeutet, dass speziell ausgebildete Tiere gezielt in den therapeutischen Prozess einbezogen werden. Unter Anleitung erfahrener Therapeuten helfen Hunde, Pferde und andere Tiere dabei, Symptome von Erkrankungen zu lindern, von psychischen Leiden bis hin zu neurologischen oder körperlichen Beeinträchtigungen. Wichtig ist: Das Tier ersetzt den Therapeuten nicht, sondern ergänzt die Behandlung als einfühlsamer Helfer. Ob in einer Klinik, Praxis oder auf dem Reiterhof, immer steht das Wohl des Patienten im Mittelpunkt. Tiere werden sorgfältig ausgewählt und vorbereitet, damit jede Begegnung sicher und heilsam verläuft. Es handelt sich also nicht um zufällige Tierbesuche, sondern um professionell geplante Therapieeinheiten, in denen das Tier als „Co-Therapeut“ fungiert.
Was tiergestützte Ergotherapie von einem normalen Kuscheln mit Haustieren unterscheidet, ist der gezielte Einsatz zur Erreichung therapeutischer Ziele. So wird etwa ein Hund in die Übungen integriert, um bestimmte Fähigkeiten zu fördern, oder ein Pferd dient als Partner, um Vertrauen und Körpergefühl aufzubauen. Dabei entstehen oft verblüffende Effekte: Kinder, die sonst scheu oder unkonzentriert sind, blühen im Kontakt mit dem Tier auf, und Erwachsene mit Ängsten oder Depressionen finden durch das Tier neue Zuversicht. Tiere begegnen uns unvoreingenommen, sie achten nicht auf Aussehen, Herkunft oder Diagnosen. Dieses vorbehaltlose Angenommenwerden schafft von Anfang an ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, das in der Therapie ungemein wertvoll ist.
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Heilsame Wirkung: Wie Tiere auf Körper und Seele wirken
Tiergestützte Therapien werden bei sehr unterschiedlichen Menschen eingesetzt, von Kindern mit Entwicklungsstörungen über Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu Erwachsenen mit seelischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder Traumafolgen. Entsprechend vielfältig sind die positiven Wirkungen, die Tiere im therapeutischen Kontext erzielen können. Forschung und Praxis zeigen immer wieder beeindruckende Effekte auf psychischer, mentaler und körperlicher Ebene. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten heilsamen Einflüsse der tierischen Helfer:
- Stressabbau und Entspannung: Die Anwesenheit eines vertrauten Tieres wirkt beruhigend – Herzfrequenz und Blutdruck normalisieren sich, Stresshormone werden reduziert. Schon wenige Minuten mit einem Tier können Anspannung lösen.
- Angstlinderung und Stimmungsaufhellung: Tiere begegnen dem Menschen ohne Vorurteile und mit viel Geduld. Dadurch können sie Ängste abbauen, innere Unruhe mildern und für emotionale Stabilisierung sorgen. Viele Patienten berichten, dass sich ihre allgemeine Stimmung spürbar verbessert, wenn ein Tier an ihrer Seite ist.
- Geborgenheit und Selbstwert: Ein Tier vermittelt bedingungslose Zuneigung. Das Gefühl, von einem Hund oder Pferd angenommen und „verstanden“ zu werden, stärkt das Selbstwertgefühl und fördert ein positives Selbstbild. Einsamkeitsgefühle können so verringert werden.
- Motivation und Vertrauen: Tiere motivieren ungemein. Ein Hund, der freudig auf eine Übung reagiert, oder ein Pferd, das geduldig mitmacht, schafft Anreize, aktiv zu werden. Patienten trauen sich mehr zu und gewinnen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, ein entscheidender Schritt, um in der Therapie Fortschritte zu machen.
- Soziale Kompetenzen und Kommunikation: Besonders Hunde wirken oft als „Eisbrecher“. Sie erleichtern den Kontakt zwischen Patient und Therapeut oder auch zwischen mehreren Patienten. Im Umgang mit dem Tier werden Empathie, Verantwortungsgefühl und Kommunikationsfähigkeiten gefördert. Das gemeinsame Erlebnis mit einem Tier verbindet und kann sozial isolierten Menschen Türen öffnen.
- Förderung von Motorik und Wahrnehmung: Durch Übungen mit Tieren lassen sich spielerisch Grob- und Feinmotorik trainieren. Ob beim Bürsten des Pferdefells (Kräftigung der Arm- und Handmuskulatur) oder beim Werfen eines Balls für den Hund (Verbesserung von Koordination und Zielmotorik) – die Bewegungen geschehen meist wie nebenbei, weil der Fokus auf dem Tier liegt. Gleichzeitig sprechen Tiere alle Sinne an: Man fühlt das weiche Fell, hört Laute des Tieres, riecht den Eigengeruch – das verbessert die Körper- und Sinneswahrnehmung.
- Physische Gesundheitsförderung: Tierkontakte können sogar messbare körperliche Verbesserungen bewirken. So wird durch die Interaktion mit Tieren das Immunsystem gestärkt, und Schmerzen treten in den Hintergrund, weil das Tier wohltuend ablenkt. Bei körperlichen Übungen mit Tieren verbessern sich Balance und Koordination quasi automatisch, etwa wenn man neben dem Pferd herläuft oder sich zum Streicheln vorbeugt.
All diese Effekte zusammengenommen führen zu einem gesteigerten allgemeinen Wohlbefinden bei den Patienten. Es entsteht eine Aufwärtsspirale: Wer weniger ängstlich und gestresst ist, kann besser schlafen, hat mehr Energie und kann sich besser auf die Therapie einlassen. Tiere holen die Menschen sprichwörtlich aus ihrem Schneckenhaus – sie entlocken ein Lächeln, geben Halt und spenden Trost, ohne ein Wort zu sagen. Diese Kombination aus fachlich fundierter therapeutischer Arbeit und der emotionalen Unterstützung durch das Tier macht die tiergestützte Ergotherapie so wirksam.
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Hunde als treue Co-Therapeuten: Übungen mit der kalten Schnauze
Hunde gehören zu den am häufigsten eingesetzten Therapietieren. Als „beste Freunde“ des Menschen bauen sie schnell eine Brücke – selbst zu Patienten, die sonst nur schwer zu erreichen sind. Hunde gehen von sich aus auf uns zu, passen sich an unser Tempo an und spüren intuitiv, wie es uns geht. In der Ergotherapie werden sie daher gezielt als Motivatoren und Übungspartner eingesetzt. Sie lehren uns z.B., uns zu konzentrieren, sie schenken Vertrauen und stärken unser Selbstbewusstsein. Gerade für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen (z.B. ADHS) kann ein Hund zum geduldigen Lehrmeister werden, der spielerisch Konzentration und Impulskontrolle trainiert. Aber auch Erwachsene mit Depressionen profitieren von der aktiven, lebensfrohen Art eines Hundes, die herausfordert, wieder mehr nach draußen zu gehen und den Alltag zu strukturieren.
In der Praxis sieht das etwa so aus: Ein Patient mit motorischen Schwierigkeiten soll eigentlich Übungen mit der Hand absolvieren, um seine Feinmotorik zu verbessern – doch allein fehlt ihm die Motivation. Kommt Therapiehündin Bella ins Spiel, ändert sich alles. Plötzlich macht das Greifen und Loslassen Spaß, wenn der Patient kleine Leckerli aus einer Tüte holen und Bella zur Belohnung zuwerfen darf. Um an das Futter zu gelangen, streckt er die Finger viel weiter und übt zielgerichtete Bewegungen, ohne es zu merken. Bella schaut ihn erwartungsvoll an, wedelt mit dem Schwanz – und der Patient lächelt zum ersten Mal seit langem über beide Ohren. Die Anwesenheit des Hundes motiviert ihn, sich zu bewegen, und gibt ihm zugleich Sicherheit. Fehler werden nicht bewertet, Bella ist immer freundlich. Dieses Gefühl von Akzeptanz und Zuneigung nimmt die Angst vor dem Versagen. So gelingt es dem Patienten, seine Übungen mit deutlich mehr Freude und Ausdauer durchzuführen.
Ein anderes Beispiel: Lea, 7 Jahre alt, ist wegen sozialer Ängste in Therapie. Sie spricht kaum mit Fremden, blickt meistens zu Boden. Doch Therapiehund Oskar, ein gemütlicher Golden Retriever, taut das schüchterne Mädchen auf. Anfangs sitzt Lea nur neben ihm und vergräbt ihre Finger in seinem flauschigen Fell. Oskar bleibt ruhig liegen, genießt die Streicheleinheiten. Nach einigen Sitzungen traut Lea sich, Oskar Kommandos zu geben: „Sitz! Platz!“ – und der Hund führt sie bereitwillig aus. Für Lea ist das ein Erfolgserlebnis, das sie sichtbar stolz macht. Sie fasst Vertrauen, nicht nur zum Tier, sondern allmählich auch zum Therapeuten. Beim nächsten Treffen blickt sie kurz auf und sagt leise: „Oskar darf heute wieder mitkommen, oder?“ Dieser kleine Satz zeigt: Ein Durchbruch. Dank des Hundes hat Lea gelernt, aus sich herauszugehen und ihre Ängste ein Stück weit zu überwinden. Oskar wirkt hier wie ein sozialer Katalysator, der die Atmosphäre entspannt und Kommunikation ohne Druck ermöglicht.
Therapiehunde können noch viel mehr: Sie unterstützen die Sinneswahrnehmung (etwa wenn unterschiedliche Materialien – Bürsten, Bälle, Leckerchen – für den Hund genutzt werden), sie fördern die Körperbeherrschung (zum Beispiel beim gemeinsamen Balancieren über Hindernisse) und sie bringen Struktur in den Tag, weil sie regelmäßige Fürsorge brauchen. Allein schon das Streicheln eines ruhigen Hundes senkt messbar den Puls und lässt oft Ängste schwinden. Gleichzeitig machen Hunde Spaß und bringen zum Lachen – ein Stimmungsaufheller, der besonders in schweren seelischen Krisen unbezahlbar sein kann.
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Pferdegestützte Therapie: Getragen werden und Vertrauen fassen
Pferde werden oft als sensible Spiegel des Menschen bezeichnet. In der pferdegestützten Therapie (Reittherapie) übernehmen sie die Rolle eines einfühlsamen Partners, der nonverbal kommuniziert und unmittelbar auf das Verhalten und die Stimmung des Patienten reagiert. Diese ehrliche, unvoreingenommene Rückmeldung des Pferdes hilft den Patienten, sich selbst besser wahrzunehmen: Pferde spiegeln das Verhalten ihres Gegenübers – ist jemand unsicher oder ängstlich, wird auch das Pferd zögern; tritt man klar und ruhig auf, folgt das Tier vertrauensvoll. Dadurch lernen Patienten auf sehr unmittelbare Weise, ihre eigene Körpersprache und innere Haltung zu erkennen und zu beeinflussen.
Die ruhige Präsenz eines Pferdes hat zudem eine erstaunlich beruhigende und stabilisierende Wirkung. Allein das gleichmäßige Schnauben, das sanfte Schnauben und die Wärme des großen Tieres strahlen Gelassenheit aus. Wenn der Patient auf dem Pferd sitzt, übertragen sich die rhythmischen Bewegungen des Pferderückens auf den menschlichen Körper – ähnlich einem Schaukelstuhl. Dies kann Verspannungen lösen, Ängste reduzieren und sogar körperliche Funktionen verbessern. Bei Menschen mit körperlichen Einschränkungen fördert das Therapeutische Reiten zum Beispiel Gleichgewicht und Muskeltonus. Gleichzeitig wirkt es seelisch entspannend und angstlösend: Der Bewegungsrhythmus des Pferdes lockert und entlastet körperlich, aber auch psychisch, was innere Anspannung abbaut. Viele berichten, dass sie beim Reiten ihre Sorgen für einen Moment vergessen können.
Ein Praxisbeispiel: Maria, 35, leidet nach einem Burn-out unter starken Angstzuständen. Allein der Gedanke, vor die Tür zu gehen, schnürt ihr die Kehle zu. In der Reittherapie begegnet sie Sam, einem ruhigen braunen Wallach. Anfangs wagt Maria es kaum, Sam zu berühren. Doch Schritt für Schritt wächst das Zutrauen. Beim Putzen des Pferdes lernt Maria, sich auf die Tätigkeit zu konzentrieren – Strich um Strich bürstet sie Sams Fell, und dabei bemerkt sie, wie ihr eigener Atem ruhiger wird. Sam steht geduldig da, schnaubt leise und stupst Maria hin und wieder sanft an. Diese wortlose Kommunikation rührt Maria zu Tränen: Zum ersten Mal seit langem fühlt sie sich bedingungslos angenommen. Schließlich sitzt Maria auf Sams Rücken, geführt von der Therapeutin. Als Sam in den Schritt geht, überkommt Maria ein Gefühl von Sicherheit und Getragensein. Die sanften, wiegenden Bewegungen erinnern sie unbewusst an längst vergangene Zeiten, vielleicht an das Schaukeln in Kindertagen – Maria fühlt sich geborgen. In diesem Moment kann sie ihre Angst loslassen. Woche für Woche stärkt das Reiten Marias Selbstvertrauen. Sam reagiert auf jede ihrer Regungen; an Tagen, an denen sie sehr nervös ist, bleibt er stehen, bis sie sich gesammelt hat. So lernt Maria, ihre Gefühle bewusster zu steuern. Nach einigen Monaten wagt sie es sogar, Sam eigenständig über den Platz zu führen. Diese Erfahrung – ein 600 Kilogramm schweres Tier durch die eigene Körpersprache leiten zu können – verleiht ihr Mut und neue Kraft.
Gerade für Menschen mit Traumata oder tiefsitzenden Ängsten kann die Arbeit mit dem Pferd ein wichtiger Baustein der Therapie sein. Pferde bieten Nähe, fordern aber auch Klarheit. Sie helfen dabei, Grenzen zu setzen und Vertrauen aufzubauen. Wer gelernt hat, einem so großen Tier wie dem Pferd zu vertrauen, der fasst oft auch Vertrauen ins Leben zurück. Außerdem symbolisiert das Getragenwerden auf dem Pferderücken: Du bist nicht allein mit deiner Last. Dieses Gefühl, getragen und gestützt zu werden, kann bei seelischen Belastungen unheimlich tröstlich sein. Patienten berichten, dass sie auf dem Pferd das erste Mal seit langem wieder Ruhe in sich gespürt haben. Die Fokussierung auf das Tier – seinen Atem, seine Bewegung – holt sie ins Hier und Jetzt und stoppt das Grübeln.
Neben dem Reiten selbst gehören auch Aktivitäten wie das Führen, Füttern oder Streicheln des Pferdes zur Therapie. Besonders Kinder mit Autismus oder Entwicklungsstörungen profitieren oft von der klaren, sanften Sprache der Pferde. Ein autistisches Kind, das kaum spricht, könnte etwa beim Kontakt mit dem Pferd erstmals bewusst Augenkontakt aufnehmen oder ein vorsichtiges Lächeln zeigen. Das Pferd bewertet nicht und stellt keine verbalen Anforderungen – es reagiert einfach auf das Verhalten des Kindes. Diese unmittelbare Reaktion hilft vielen Kindern, ihr eigenes Verhalten besser zu verstehen. Pferde geben also ehrliches Feedback: Wenn das Kind hektisch ist, wird das Pferd unruhig; wird das Kind ruhiger, beruhigt sich auch das Pferd. Solche Erfahrungen fördern Selbstreflexion und Emotionsregulation auf natürliche Weise.
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Mehr als Hund und Pferd: Tierische Vielfalt in der Ergotherapie
Nicht nur Hunde und Pferde, auch viele andere Tiere können in der Ergotherapie zum Einsatz kommen. Welche Tierart geeignet ist, hängt von den Therapiezielen und den Vorlieben des Patienten ab. Kleine Tiere wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Katzen werden gerne in der Arbeit mit Kindern oder in der Altenbetreuung eingesetzt. Ein schnurrender Kater auf dem Schoß kann zum Beispiel Ängste lindern und das Gefühl von Einsamkeit vertreiben – zudem ist das Streicheln einer Katze auch eine Übung für Feinmotorik und Sensibilität. Kaninchen oder Meerschweinchen hingegen eignen sich gut, um Verantwortungsgefühl zu fördern („Hast du dem Häschen schon Wasser gegeben?“) und um sensorische Reize zu setzen (das weiche Fell fühlen, das leise Knabbern hören).
Auch exotischere Therapietiere gewinnen an Beliebtheit: Alpakas etwa, mit ihrem sanftmütigen und neugierigen Wesen, werden erfolgreich bei Burn-out-Patienten und Depressiven eingesetzt, weil sie eine beruhigende Wirkung haben und gleichzeitig zum Spazierengehen anregen. Ihre großen Augen und das langsame, vorsichtige Auftreten vermitteln Ruhe – eine Alpaka-Wanderung ist für viele gestresste Menschen fast meditativ. Esel sind ebenfalls wunderbare Therapeuten: Sie sind geduldig, gutmütig und haben kein Problem damit, in aller Ruhe immer wieder das Gleiche zu tun. Für Menschen mit Angststörungen kann das Putzen oder Führen eines Esels erdend wirken und das Vertrauen stärken. In manchen Kliniken gehören tatsächlich Ziegen, Schafe oder Esel fest zum Therapeutenteam – so zum Beispiel in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, die nach ersten positiven Erfahrungen mit einem Hund nach und nach drei afrikanische Zwergziegen, sieben Wollschafe und zwei Esel angeschafft hat. Diese Tiere leben auf dem Klinikgelände und werden von den Patienten mitversorgt. Das tägliche Füttern oder Ausmisten ist dann Teil der Therapie und gibt insbesondere Jugendlichen Struktur und eine sinnvolle Aufgabe. Außerdem bereitet es vielen einfach Freude, die Tiere zu beobachten und deren Eigenheiten kennenzulernen – Lachen und unbeschwerte Momente inklusive.
Natürlich ist bei all dem wichtig, dass der Tierschutz und das Tierwohl stets berücksichtigt werden. Therapie-Tiere bekommen Pausen, werden artgerecht gehalten und sorgfältig trainiert. Schließlich sollen sich Mensch und Tier in der Therapie wohlfühlen. Ein überfordertes oder gestresstes Tier könnte keine gute Hilfe leisten – professionelle tiergestützte Therapie achtet daher sehr auf die Bedürfnisse des tierischen Partners. Wenn das jedoch gewährleistet ist, können selbst eher ungewöhnliche Tiere erstaunliche Dienste leisten. So berichtet eine Patientin, dass ihr bereits die Beobachtung von Fischen in einem Aquarium während der Ergotherapie geholfen habe, ruhiger zu atmen und innere Unruhe abzubauen. Andere Einrichtungen setzen Vögel ein, um beispielsweise bei dementen Menschen Erinnerungen an früher zu wecken (ein Kanarienvogel, der an Lieder aus der Jugend erinnert) oder um einfach Leben in den Therapieraum zu bringen. Die Vielfalt der Tiere ermöglicht es, für nahezu jeden Patienten einen passenden Gefährten zu finden – sei es der verspielte Hund, das sanfte Pferd oder das kuschelige Kaninchen.
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Hoffnungsvolle Begleiter: Therapie mit Herz und Fachwissen
Tiergestützte Ergotherapie verbindet fachliche Therapieziele mit dem Herz und der Wärme, die Tiere mitbringen. Für viele Patienten bedeuten die tierischen Gefährten vor allem Hoffnung: Hoffnung darauf, dass es Wege aus der Isolation, der Angst oder der Verzweiflung gibt. Ein Tier urteilt nicht und hat keine Erwartungen – es lebt im Moment. Diese Eigenschaft übertragen Tiere oft auf die Patienten: Plötzlich zählt nicht mehr die Sorge vor der Zukunft oder die Last der Vergangenheit, sondern nur noch das Hier und Jetzt. In diesem Moment, wenn ein scheuer Mensch dem weichen Blick eines Hundes begegnet oder sich behutsam an den Hals eines Pferdes lehnt, kann wahre Therapie passieren – jenseits von Tabletten und Gesprächen, auf einer Ebene tiefen Vertrauens.
Die Oberberg Kliniken setzen auf solche ganzheitlichen Ansätze. In einigen Oberberg Kliniken wird tiergestützte Therapie als Teil des Behandlungskonzepts angeboten. Dies passt zu ihrem Verständnis einer individuellen, wertschätzenden Therapie in warmer Atmosphäre. Patienten dürfen hier zum Beispiel im Rahmen der tierbegleiteten Therapie sogar ihr eigenes Haustier mitbringen, wenn es ihnen Halt gibt. Zusätzlich gibt es Standorte, an denen Therapiehunde oder Reittherapie gezielt in den Behandlungsplan integriert werden. Die Erfahrung zeigt, dass viele Patienten durch die Anwesenheit eines Tieres offener für andere Therapieangebote werden und insgesamt stabilisierter und motivierter sind. So ergänzen Tiere auf wunderbare Weise die bewährten Methoden der Ergotherapie und Psychotherapie.
Am Ende ist jede dieser Geschichten – ob mit Hund, Pferd oder einem anderen Tier – eine Geschichte von Vertrauen und Neubeginn. Tiergestützte Ergotherapie kann natürlich keine Wunder vollbringen und ersetzt keine klassische Behandlung. Aber sie kann Türen öffnen: Ein Tier erreicht die Seele oft direkter als jeder rationale Zuspruch. Es tröstet, muntert auf und zeigt unbewusst neue Wege. Für Patienten mit seelischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen kann das der entscheidende Impuls sein, um wieder an sich selbst zu glauben und aktiv an der eigenen Genesung mitzuwirken.
Tierische Therapiehelfer schenken nicht nur Freude im Moment, sondern wirken nachhaltig auf Körper und Psyche. Sie holen die Patienten dort ab, wo Worte allein nicht hinkommen – in der Sprache des Herzens. Mit Fell, Federn oder Flossen ausgestattet, bringen sie Wärme und Hoffnung in schwierige Zeiten. Wer einmal gesehen hat, wie ein ängstlicher Mensch beim Streicheln eines Hundes zu lächeln beginnt oder wie ein verzagtes Kind auf dem Rücken eines Ponys stolz die Brust hebt, der versteht: Manchmal können Tiere uns zeigen, wie Heilung beginnt. Tiergestützte Ergotherapie eröffnet genau diese Chancen – ein Weg der kleinen und großen Fortschritte, begleitet von vier Pfoten, sanften Schnauzen oder sogar einem wiehernden Freund. Es ist ein Weg voller Herz und Hoffnung, der vielen Patienten geholfen hat – und vielleicht auch Ihnen eines Tages helfen kann.





